Bestattungskultur
Friedhöfe,
Bestattungsriten, Trauerbewältigung und die Art des Abschiednehmens von
Verstorbenen sagen sehr viel über das Miteinander der Menschen in der Geschichte
aus und sind ein Spiegelbild der Gemeinschaft, sei es städtische, dörfliche,
nachbarschaftliche oder familiäre Gemeinschaft.
In der Zeit der Sachsenherzöge, also die Zeit vor Karl dem Großen, gab es
verschiedene Totenkulte mit unterschiedlichen Bestattungsformen. Sowohl Erd-
als auch Feuerbestattungen waren üblich, in der Bronzezeit herrschten Brandgräber
vor. Hier in der Gegend waren Erdbestattungen und Verbrennungen üblich, bei denen
die Reste zu kleinen Hügeln nahe den Verkehrswegen aufgeschüttet wurden. Heute
noch trifft man in der Landschaft auf linsenförmige bis zu über 1 m hohe und
über 10 m durchschnittlich breite Erhebungen als ehemalige Bestattungsorte. Für
die Erdbestattung gibt es in Herbern in der Bauernschaft Nordick nahe dem Hofe
Nüse (früher Römer) ein Beispiel als Reihengrab.1
Da
nach der gewaltsamen Christianisierung die Sachsen von ihren Bräuchen und Totenkulten
nicht abließen, befahl der Frankenkaiser, alle Toten an oder in der Kirche zu
beerdigen. In der „capilatio de partibus Saxoniae“ verordnete Karl der Große:
„Jubemus, ut corpora Christianorum Saxanorum ad cimiteria ecclesiae deferantur
et non ad tumulos paganorum“, d. h. „Wir befehlen, dass die Körper der
christlichen Sachsen auf den Friedhöfen der Kirchen bestattet werden und nicht
bei den Hügeln der Heiden“. So wurden die Toten um und in der Kirche beerdigt.
Es gab sowohl Einzelgräber als auch vererbbare Begräbnisstätten. Am
begehrtesten waren die Grabstellen in der Kirche, besonders die im Chor; sie
waren überwiegend den Geistlichen, dem Adel und dem höheren Bürgertum
vorbehalten.
Auch unsere Kirche mit dem Kirchhof war ein Bestattungsort. Bei Ausschachtungsarbeiten
zu den Häusern, die heute die Kirche umgeben, wurden wiederholt Särge
ausgegraben. Ganz besonderes Interesse erregten Baumsärge, die bei den Erdarbeiten
für die Installation einer Heizung in der Kirche im Jahr 1928 tief unter dem
Fußboden gefunden wurden und erst unter einer Lage gezimmerter Särge zu Tage
kamen. Ihr Alter wird auf 1200 Jahre geschätzt. In den Jahren 1698 und 1699 wurden
der Chor und die Sakristei unserer Kirche gebaut. Die Sakristei ließ Theodor
Burghard Freiherr von Merveldt auf eigene Kosten bauen. Mit Genehmigung des
damaligen Generalvikars von Ketteler ließ er unter der Sakristei ein Gewölbe
als Familiengruft anlegen. Unter dem Chor wurde eine Gruft für die adeligen Familien
auf Westerwinkel (Merveldt) und Itlingen (Nagel) eingerichtet.
Bis
Ende des 18. Jahrhunderts gab es eine Einheit von Kirche und Kirchhof (Plattdeutsch:
„Dautenkerkhoff“). In Preußen kam es schon 1794 zur Änderung im Friedhofswesen.
In den § 184 und 185 des Landrechtes heißt es: „In den Kirchen und bewohnten
Gegenden der Städte sollen keine Leichen beerdigt werden...“ Weitere Anweisungen
beziehen sich auf unentgeltlichen Ersatz von Familiengrüften und ererbten
Rechten. Als das Fürstbistum Münster 1803 aufgehoben wurde und unter den
Einfluss Napoleons geriet, galten neue Gesetze. Die Kirchhöfe standen unter
weltlicher Verwaltung und durften nicht mehr zur Bestattung benutzt werden. Wie
es zur Errichtung des neuen Friedhofs an der Werner Strasse kam, hat J. Farwick
unter dem Kapitel „Die Geschichte der Friedhöfe“2 beschrieben.
Wenn
man einige Generationen zurückschaut bis etwa 1850, so stoßen wir auf ein
Gemeinschaftssystem mit wesentlich anderen Lebensrhythmen als heute. Damals
herrschte noch die landwirtschaftlich geprägte Wirtschaft in Herbern vor, die
noch etwa 100 Jahre so blieb. Preußische Verwaltung und kirchliche Autorität
griffen stark in das tägliche Leben ein. Krankheit und Tod gehörten dazu,
ebenso überlieferte, sich immer wieder anpassende Bräuche. Gerade um Sterben,
Bestatten und Trauer hatte sich ein Brauchtum entwickelt, das bis heute in
Teilen fortbesteht.
Da
ein Krankenhaus erst Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, fand Krankheit
und Sterben im Haus im Kreis der Familie statt.
Friedhof an der Werner Str. mit
Kreuzigungsgruppe (Quelle: RN-Foto Rogge)
Einem
erwarteten Tod ging ein Versehgang voraus. Ein Priester kam zu dem Kranken und
brachte die Sterbesakramente; es wurde das Sakrament der Krankensalbung
gespendet (im Volksmund fälschlicherweise als „letzte Ölung“ bezeichnet), die
Beichte wurde abgenommen und die hl. Kommunion erteilt. Dafür hatten die Angehörigen
häufig einen kleinen Altar aufgebaut, eine brennende Kerze aufgestellt, um so im
Gebet den Priester zu erwarten.
Für den Priester waren die Versehgänge manchmal beschwerlich. Bei Wind und
Wetter, bei Tag und Nacht, über dunkle Strassen und oft unbefestigte Wege kam
der Priester, wenn er gerufen wurde. Wenn es möglich war, ging ein Messdiener
mit einer Leuchte und einem Glöckchen voraus. Um in die Bauernschaften zu
kommen, wurde er, falls erforderlich, mit der Kutsche vom Nachbarn geholt.
Falls die Person schon verstorben war, wurde noch die Krankensalbung unter der
Prämisse „si vivis“ (wenn du noch lebst)
gespendet.
In Erwartung des Todes standen oder knieten die Angehörigen um den Sterbenden
und beteten den Rosenkranz. Nach dem Tod wurde der (oder die) Verstorbene meistens
von den Frauen der Nachbarschaft gewaschen und mit gefalteten Händen ins Bett
gelegt. Um die Hände wurde ein Rosenkranz gewunden oder ein Kreuz in die
gefalteten Hände gesteckt: Es begann die Zeit des Abschiednehmens der Angehörigen
und der Nachbarn und Bekannten. Die Pfarrei erhielt umgehend Nachricht vom Tod,
damit in der Kirche nach der Messe für den Verstorbenen gebetet werden konnte, solange
er „über Erden“ stand. Meistens einen Tag nach dem Verscheiden trafen sich die
Nachbarn im Hause des Toten zum Rosenkranzgebet. Häufig war der Verstorbene
dann schon vom Schreiner in den Sarg gelegt worden. Wenn er keinen Sarg auf
Vorrat hatte, was üblich war, fertigte er einen an und arbeitete häufig über
Nacht. Normalerweise organisierte auch der Schreiner die Beerdigung. (Daher
sind viele der heutigen Bestattungsinstitute aus einer Schreinerwerkstatt
hervorgegangen). Der Tod musste standesamtlich beurkundet werden (seit 1875).
Der Schreiner, der nächste Nachbar oder ein Angehöriger bestellte das sog.
„Noufolgen“ (Nachfolgen), die Einladung zur Beerdigung. Den Bekannten, Verwandten, Freunden und
Nachbarn wurde der Tod und der Zeitpunkt der Beerdigung mitgeteilt. Den weiter
entfernt wohnenden Angehörigen wurde ein „Totenbrief“ mit der Post geschickt.
Üblicherweise fand die Beerdigung am dritten oder vierten Tag nach dem
Verscheiden statt.
Am
Tag der Beerdigung, die meistens morgens stattfand, fuhr der Leichenwagen, von
zwei Pferden gezogen, am Trauerhaus vor. Begleitet von Gebeten der Angehörigen
und Nachbarn wurde der Sarg vom Schreiner zugenagelt und von den Trägern auf
den Wagen gehoben. Soweit Kränze und Blumengebinde im Trauerhaus aufgestellt waren,
wurden sie auf den Wagen zum Sarg gelegt oder an vorbereitete Plätze am Wagen
gehängt. Ob das im Münsterland übliche „Vernageln“ eines Pferdes, das Annette
von Droste-Hülshoff in dem Gedicht „Das Zweite Gesicht“ beschreibt, auch in
Herbern üblich war, ist nicht mehr festzustellen (ein Hufnagel wurde so in den
Huf eingeschlagen, dass das Pferd hinkte). Der Trauerzug formierte sich am
Trauerhaus, angeführt von den nächsten Angehörigen; dann folgten die Verwandten
und Nachbarn dem Sarg bis zur Kirche, wo er von dem Priester mit den
Messdienern und den Menschen erwartet wurde, die an der Beerdigung teilnehmen
wollten. Nach der Segnung des Sarges mit dem Verstorbenen, stellte sich der
Messdiener mit dem Vortragekreuz an die Spitze des Zuges und schritt gemessenen
durch das Dorf zum Friedhof. War der Verstorbene Mitglied eines Vereins oder
einer anderen Vereinigung, so wurden die Insignien des Vereins mitgeführt. Der
Ritus der Beerdigung hat sich seit dem 19.Jahrhundert kaum geändert. Wenn früher das Grab vom Totengräber bereitet
wurde, so ist es heute Sache der politischen Gemeinde.
Der
Leichenwagen in Herbern war, wie in manchen anderen Orten auch, ein
Schmuckstück. Die Familie E. Krieter besaß einen solchen Wagen, der von zwei herausgeputzten
Pferden gezogen wurde, auf deren Rücken eine schwarze Decke lag. Außerdem trugen
sie eine Gesichtsmaske, bei der auch die Ohren bedeckt waren. Selbst die Hufe
hatte man mit schwarzer Schuhcreme eingewichst. Der Leichnam wurde, sofern er
nicht im Sterbehaus verblieb, in der Leichenhalle am Krankenhaus aufgebahrt.
Bevor eine eigene Kühlung eingebaut wurde, bedeckte man den Leichnam im offenen
Sarg mit einer Art durchsichtigen Kühlhaube, die am Tage der Beerdigung von den
Sargträgern mit dem Bestatter entfernt und durch den eigentlichen Sargdeckel
ausgetauscht und dann verschraubt wurde. Dann wurde der Sarg auf einem Katafalk
in die Vorhalle geschoben, wo bereits die Trauergemeinde zum Gebt versammelt
war. Die Verpflichtung dort und auch vorher schon in der Kirche das Totengebet
zu sprechen, lag in der Regel bei der Nachbarschaft. Nach dem gemeinsamen Gebet
wurde der Sarg von den Trägern in den Wagen des Bestatters gehievt. Den Trauerzug
führten die engsten Anverwandten, Nachbarn und Bekannten. Man zog zunächst im
Schweigemarsch zu dem Wegkreuz Ecke Altenhammstr. / Bakenfelder Weg, wo man zum
ersten Mal innehielt, um sich zu verneigen. Anschließend ging es weiter bis zu
Greives Kreuz am Kirchplatz: Erneut ein kurzer Halt und weiter bis zur
Sakristei, wo der Priester mit seinen Messdienern hinzustieß, um den Sarg mit
Weihrauch zu besprengen und unter Gebeten einzusegnen.
Von
dort zog man auf der B54 durch das Dorf bis zum Gasthof Deitermann, bog links
in die Schützenstr. ein, dann rechts in die Bernhardstr. und wieder links in die
Rankenstr. zum Friedhof hin, wo der Sarg auf dem Hauptweg von den Trägern in
weißen Handschuhen auf eine Art Katafalk gehoben und zur frisch ausgehobenen
Grabesstelle geschoben wurde, so es die Wege zuließen; ansonsten wurde der Sarg
bis zum Grab getragen. Der Dienst des „Tragens“ war eine Ehre und wurde und
wird z. Teil heute noch entsprechend ernst genommen. Meistens waren es sechs
Männer der Nachbarschaft, die den Sarg trugen und in das Grab senkten. Bis vor
einiger Zeit hatten die Träger schwarze Zylinderhüte als Kopfbedeckung, ein
großer Teil der männlichen Trauergäste ebenso.
Heute besteht zwar immer noch die Möglichkeit, sich auf diese Art und Weise zu
Grabe tragen zu lassen, doch wählen die meisten lieber am Beerdigungstag die Aufbahrung
in der ev. Kirche, wo dann um 14.15 Uhr das Totengebet gesprochen wird, bevor
der Priester mit den Ministranten erscheint und ähnlich verfährt, wie oben bei
der Sakristei beschrieben wird.
Am
Grabe angekommen wird der Sarg auf zwei waagerechte Balken über dem Grab
abgelegt. Anschließend werden zwei Seile darunter gespannt, der Sarg wird von
den Trägern angehoben, während der Bestatter die Balken wegzieht. Dann lassen
die Träger den Sarg gleichmäßig hinunter, werfen die weißen Handschuhe
hinterher, verneigen sich vor dem Toten und treten in den Hintergrund, bevor
der Priester einige Gebete spricht und ein Lied anstimmt. Heutzutage erfährt er
dabei eine akustische Unterstützung durch ein mitgeführtes mobiles Mikrofon. Mit
dem Gebet „für den Nächsten, der aus unserer Mitte scheiden wird“ endete früher
der Ritus auf dem Friedhof. Zum Schluss verbeugt er sich ein letztes Mal vor
dem Toten, um dann den nächsten Anverwandten und möglicherweise auch Bekannten
und Nachbarn Platz zum Abschiednehmen zu lassen. Nach der Beerdigung trifft man
sich wieder in der Pfarrkirche zur Totenmesse, in der die Totenzettel (früher vom Sargleger)
verteilt werden. Im Anschluss an die Messe begibt man sich zum Beerdigungskaffee
in eine Gastwirtschaft, eine Tradition, die unter mehreren Gesichtspunkten
betrachtet werden kann: Der Brauch ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass
die oft von weit her Angereisten nüchtern waren (vor der Einnahme der Hl.
Kommunion durfte man ja nichts zu sich genommen haben!). Zum anderen ist es ja
häufig so, dass Verwandte und Angehörige sich oft schon lange nicht mehr
gesehen haben und hier gerne die Gelegenheit
wahrnehmen sich auszutauschen. Auch
besteht hier noch einmal die Gelegenheit, den Angehörigen Trost zu spenden.
Zum Schluss noch ein Wort zu dem in früheren Zeiten
häufig verbreiteten Aberglauben, dass der Ruf eines Käuzchens des Nachts in der
Nähe des eigenen Hofes ein Todesbote sei. Dazu muss man wissen, dass Käuzchen –
wie andere Nachtvögel auch – von einem Licht in der Nacht sich anlocken lassen.
Wenn man bedenkt, dass die Familie bei einem Sterbenden bei Kerzenlicht
Nachtwache zu halten pflegte, dann wird der Zusammenhang zwischen Käuzchenruf
und Tod schnell klar.
Herausragende Gräber auf dem Herberner Friedhof
Auch
in dem dörflichen Leben in Herbern bildete sich im Laufe der Jahre eine Elite
heraus, die nach ihrem Tode eine besondere Grabstätte bevorzugte: Es gab die Beisetzung
in der Kirche, die Beisetzung an der Kirchenmauer, Grabkammern auf dem Friedhof
und eine besondere Lage der Gräber aus dem Friedhof. Ob es in Herbern Schulzen-
oder Bauernhöfe mit eigener Grablege auf dem Hof gegeben hat, ist nicht
bekannt.
Nach
welchem Ordnungsschema die Gräber rund um die St.-Benedikt-Kirche angelegt
wurden, erfährt man bei Farwick3: Neben 179
Familien-Begräbnisplätzen mit namentlicher Nennung muss dort noch ein abgetrennter
Bereich für die „Dorfleute“, die „Hornschen Leute“ und die „Heidengräber“
angelegt worden sein. Über die Bestattung der adeligen Familien weiß man dagegen mehr (s.a. bei Farwick4):
Teilweise wurden sie in der Kirche bestattet oder, wie im Falle der Famile von
Nagel, ein ei-
Herr Krieter als Kutscher des
Leichenwagens bei der Beerdigung des ehem. Bürgermeisters Determeier 1960 (Quelle: Privatfoto E. v.d. Halben)
genes Gräberfeld am südlichen Rand des Friedhofs (oder historisch richtiger: des „Friedgartens“) angelegt.
Grabfeld der Familie von
Nagel
Quelle: eigenes Fotos
.
Im Jahr 2004 hat man bei Bauarbeiten und Umbettungen im Zuge der Bauarbeiten für die Neugestaltung des Friedhofs eine unterirdische Grabkammer gefunden, die aus Ziegelsteinen sorgfältig gemauert und überwölbt war. Das Teilstück des Friedhofs, auf dem die Kammer gefunden wurde, war früher der Wesseler Friedhof. Die Kammer war unbenutzt und die Erinnerung daran ist im Laufe der Jahre vergessen worden. Da keinerlei Bedenken aus Gründen des Denkmalschutzes bestanden, wurde die Grabkammer abgerissen.
Linkes Bild: Grabkammer von innen; rechtes Bild: von außen
Hervorgehoben
ist bis heute das Gräberfeld der Geistlichen - der Priester und der
Ordensleute. Im Zentrum des alten Friedhofes gelegen, mit altem Baumbestand, einem
Hochkreuz als einzigen Grabschmuck und etwas erhöht ist es ein würdiger Ausdruck der Verehrung,
die man den Geistlichen entgegenbrachte. Die Grabsteine sind schlicht und nur
mit den wichtigsten Lebensdaten versehen.
l.: Gräberfeld der
Geistlichen von hinten r.: von vorne
Quelle:
Südlich davon liegt das Gräberfeld der Ordensschwestern, ebenfalls mit schlichten Grabsteinen versehen:
Quelle: eigene Fotos
Zwei weitere Besonderheiten weist unser Friedhof auf: Am Eingang von der Rankenstr. her stößt man rechts auf ein Gräberfeld mit Grabsteinen in kyrillischer Schrift, die witterungsbedingt kaum noch zu entziffern ist. Hier liegen überwiegend russische Kriegsgefangene und/oder Fremdarbeiter.
Ein wenig weiter auf der linken Seite fällt ein breit angelegtes Gräberfeld auf, das als Mahnmal und traurige Erinnerung an die letzten Kriegstage dient: Hier liegen Blut junge Soldaten, die sich in der Bauernschaft Forsthövel den von Westen heranrückenden amerikanischen Panzern am 31.3.1945 entgegenstellten und dabei ums Leben kamen.
Quelle: Eigene Fotos
Neu hinzugekommen ist ein
Gräberfeld zur B54 hin, wo die Möglichkeit der anonymen oder halbanonymen, aber
auch der Urnenbeisetzung besteht.
Die neuen Urnengräber
(Quelle: eigene Fotos)
Grabsteine
waren immer Ausdruck des Zeitgeistes und des Kunstverständnisses. Besonders im
19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zu einer Zeit, als manche Bürger und
Bauern zu einigem Wohlstand gekommen waren, zeugten die Grabsteine auch von
Selbstbewusstsein. Heute, zu einer Zeit der Ordnung und der Vorschriften, ist
durch die Friedhofsordnung der Gemeinde Grabgröße, Größe der Gedenksteine
und Liegedauer festgelegt
Professor
Freitag aus Münster hat unter dem Thema „Forscher untersuchen feierliche
Rituale und alltägliche Umgangsformen“ unter anderem die Bedeutung der ländlichen
Friedhöfe untersucht. Darin heißt es:
„Einen
eigenen Mikrokosmos, in dem die Konflikte zwischen Bevölkerung und Kirche auf
engem Raum ausgetragen und kommuniziert wurden, bildeten die ländlichen
Kirchhöfe Westfalens, die einerseits heilige Stätte waren, anderseits Orte des
profanen Lebens: Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Kirchhöfe nicht nur
letzte Ruhestätte für die Toten, sondern sie dienten auch den Armen des Dorfes
als Wohnraum, waren Marktplatz und Viehstall. Im Zuge der Gegenreformation nach
der Glaubensspaltung haben sich das profane und religiöse Leben auf den
Kirchhöfen verändert. Bei den Ritualen wie Beerdigungen oder Andachten bestand
nun die katholische Kirche auf eine strengere Einhaltung der liturgischen
Vorgaben aus Rom. Die Bedürfnisse der Lebenden störten die Totenruhe und
kollidierten mit den Interessen der Kirche – ein riesiges Konfliktpotential,
dass 200 Jahre lang das Leben innerhalb der Friedhöfe beeinflusste.“5
Dass im Übrigen Bestattungen immer mit Kosten verbunden waren und sind, geht
aus einer Verordnung vom 17, 8. 1745 hervor (in visitatione Archidiakonali zu
Herbern), in der es unter Punkt 11 heißt:
“Dann wird denjenigen, der wegen Begräbnissen und Jahr gebetten die Jura an Herrn
Pastor oder andern Kirchendienern annoch rückständig sind, dieselben binnen
sechs Wochen so gewiss zu entrichten anbefohlen, als ansonsten dazu executive
angehalten werden sollen.“
[Frei übersetzt: Rückständige Friedhofsgebühren sind innerhalb von sechs Wochen an die Kirche zu zahlen; ansonsten droht Zwangsvollstreckung; d. Red]
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Literatur:
1Josef Farwick: Herbern, Dülmen 1995, S. 32
2 dsb. ebd. S. 345 ff.
3 dsb. ebd, S. 343
4 ebd. S. 53, 64 u. 83
5 http://www.uni-muenster.de/Rektorat/upm2/2007/upm09108.htm